Vereinschronik
Der Heimatverein hat den Ort Morsbach mitgestaltet
Der Heimatverein Morsbach e.V. kann 2021 auf sein 125-jähriges Bestehen zurückblicken. Seine Chronik ist eine lebendige Ortgeschichte. Die Arbeit des Vereins wurde im Laufe der Jahrzehnte geprägt von seinen Vorsitzenden, die in stetigem Einsatz immer wieder andere Bürger zur Mitarbeit motiviert haben. Besonders hervorzuheben ist dabei der legendäre Vorsitzende Heinrich Halberstadt, der den Heimatverein in den 1920er und 1930er Jahren geleitet hat und dem sogar ein Denkmal gesetzt wurde (siehe weiter unten).
Am 15. Oktober 1896 wurde, maßgeblich durch den Einsatz des einstigen Bürgermeisters Eberhard von Claer, der „Verschönerungsverein Morsbach“ gegründet. Der Verein bezweckte damals, „durch Heranziehung von Sommerfrischlern, Touristen und erholungsbedürftigen Fremden den Verkehr in Morsbach und seiner Umgebung zu heben und auf diese Weise der hiesigen Gemeinde eine neue Erwerbsquelle zu eröffnen“.
Weiter sahen die Statuten damals vor, in Zeitungen zu annoncieren, einen Fremdenführer herauszugeben und den Ort zu verschönern. Ebenfalls sollten geeignete Ruhe- und Aussichtsplätze in der näheren Umgebung sowie Wanderwege angelegt werden. Wanderzeichen sollten Ortsunkundigen Spaziergänge und Ausflüge erleichtern.
Die Statuten des Heimatvereins regelten 1896 auch folgendes: „Der Verein besteht aus Ehrenmitgliedern, Wohltätern und aktiven Mitgliedern. Aktives Mitglied kann jede männliche Person werden, die das zwanzigste Lebensjahr überschritten hat und sich im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befindet. Wohltäter ist jede Person, welche sich auf irgendwelche Weise dem Verein nützlich erweist.“
Die Chronik des Heimatvereins Morsbach ist sehr abwechslungsreich. Mehrmals fanden Versammlungen zur Wiederbelebung oder Neugründung des Vereins statt, wobei auch der Vereinsname wechselte.
1946 nahm der „Gemeinnützige Verein Morsbach“ nach dem Zweiten Krieg seine Tätigkeit wieder auf. Er bildete damals die Ortsgruppe des Sauerländischen Gebirgsvereins und hatte sich „die Hebung des Fremdenverkehrs, die Verbesserung des Landschafts- und Ortsbildes sowie die Förderung der Heimatkultur“ zum Ziel gesetzt.
Zum neuen Vorsitzenden des „Heimatvereins Morsbach“, wie er sich seit Anfang der 1950er Jahre nannte, wurde Fred Goeser Gewählt. Ein Bürgeraufruf 1963 regte zu neuen Aktivitäten an. So wurden das Anbringen von Blumenkästen, die Erneuerung des Außenanstrichs von Gebäuden und das Pflanzen von Bäumen, Hecken und Ziersträuchern vorgeschlagen.
Als um 1970 in Morsbach kein Festsaal mehr zur Verfügung stand, empfahl der Heimatverein einen „Saalbauverein“ zu gründen. In diesem Verein wurden alle Interessengruppen zusammengeführt. Mit vereinten Kräften und großer Eigenleistung entstand dann 1971/72 das „Haus im Kurpark“. Zu nennen sind unter Mitwirkung des Heimatvereins auch der Ausbau des ersten Kurgartens (1968), die Begrünung und die Anpflanzung zahlreicher Laubbäume im Ort sowie die Instandsetzung von über 200 Bänken rund um Morsbach.
Als Josef Zimmermann, Gemeinderentmeister a.D. und langjähriger Vorsitzender des Heimatvereins, 1973 aus Altersgründen sein Amt niederlegte, stellte der Verein seine Tätigkeit vorrübergehend ein.
1977 kam es zu einer Neugründung des Vereins Morsbach unter Federführung des damaligen Verkehrs- und Kulturamtes der Gemeinde. Vorsitzender wurde Karl-Heinz Brück. Ihm folgten bis heute Werner Stausberg, Hans Matschke, Christian Stausberg, Bernd Theile-Ochel und Werner Schuh.
Dass der Heimatverein auch gegen heftigen Widerstand etwas erreichen konnte, zeigte sich Ende 1982, als es um den Erhalt des ehemaligen Hotels „Zum Prinzen Heinrich von Preußen“ ging, das heute im Eigentum einer Bank ist. Einfluss nahm der Verein 1985 auch auf den Bau des neuen Postamtes in der Waldbröler Straße. Der Einsatz für den Erhalt des alten Freibades an der Waldbröler Straße war allerdings 2013 erfolglos.
Seit 1980 beteiligte sich der Verein finanziell an zahlreichen Projekten, wie an der Aufstellung historischer Straßenlaternen in der Kirchstraße (1985), an der Heimatchronikreihe (1987/1995) sowie an dem Denkmal für Heinrich Halberstadt (1994). Und die Ideen gingen nicht aus: Der „Rähn-Willem-Brunnen“ auf dem Rathausplatz wurde vom Verein vorgeschlagen und ebenso mitfinanziert (1983), wie der Koboldbrunnen in der Kirchstraße (1990).
Immer wieder wurde auch die Frage gestellt, ob es noch zeitgemäß ist, einen Heimatverein weiterhin zu erhalten, der Ruhebänke aufstellt, Blumenpflanzaktionen organisiert oder Wanderungen durchführt. Stets wurde die Frage bejaht, und neben den genannten klassischen Aufgaben eines Heimatvereins hat der Morsbacher Verein alleine in den letzten 25 Jahren viele Spuren hinterlassen.
So hat sich der Heimatverein vor allem bei der Erneuerung und Erweiterung von gemeindlichen Einrichtungen eingebracht. Alleine im Kurpark hat er Freizeiteinrichtungen wie Basketball- und Minigolfanlage (1998), Spiel- und Fitnessgeräte (1993/2008/2014/2016) sowie den neuen Pumptrack (2019) mit finanziert. Seit 1998 führt der Heimatverein regelmäßig am 1. Mai unter reger Beteiligung eine Familienwanderung in die nähere Umgebung durch.
Beim „Müeschbejer Owend“ stellt der Heimatverein seit 2000 alle zwei Jahre Morsbacher „Eigengewächse“, Interpreten, Referenten und Vereine vor. Dabei wird auch jedes Mal eine besondere Auszeichnung für ehrenamtliches Engagement im Bereich Heimat, Kultur und Natur verliehen, der „Müeschbejer Jong“ oder das „Müeschbejer Mädchen“.
Am Fuß des Aussichtsturms gehen die Wandererschutzhütte (2008) und die rustikale Ruhebank (2016) auf den Heimatverein zurück, sowie auf dem Turm die Geo-Infotafeln aus Edelstahl mit den Entfernungsangaben zu anderen Städten (2013). Bei der Renovierung des Kriegerdenkmals (2004) war der Heimatverein ebenso zur Stelle, wie bei der Anfertigung neuer Ortseingangstafeln (2019) von Morsbach.
Zur Zeit (seit 2018) arbeitet der Heimatverein in der Lenkungsgruppe des Integrierten Handlungskonzepts zur Erneuerung mehrerer Ortsteile mit und bringt dort seine Vorstellungen ein. 2021 finanziert der Heimatverein eine neue mobile Veranstaltungsbühne für die Vereine mit, und auch der renovierte, Denkmal geschützte Bahnhof erhält auf Kosten des Heimatvereins wieder eine Original-Bahnhofsuhr und neue „Morsbach“-Schilder (2021).
Apropos Bahnhof: In den Jahren 1995 bis 2015 hat der Heimatverein sich mit Nachdruck für den Erhalt des Bahnhofgebäudes eingesetzt, dessen Dach damals undicht war. Der Vorsitzende des Heimatvereins, Werner Schuh, betonte in der letzten Jahreshauptversammlungen dazu: „Wenn wir damals nicht den Finger in die Wunde gelegt und so vehement bei der Bezirksregierung Köln eine Dachsanierung gefordert hätten, wäre das Bahnhofsgebäude heute längst verfallen.“
Stolz kann der Heimatverein Morsbach auch auf die Reaktivierung des traditionellen Schubkarrenrennens sein (1998), das regelmäßig zahlreiche Schaulustige aus Nah und Fern anlockt, sowie auf seine Theatergruppe „Vürhang op“, die Mundartkomödien einstudiert und 2022 auf ihr 25-jähriges Bestehen zurückblicken kann (gegründet 1997).
Wer schreibt, der bleibt, hat sich auch der Heimatverein gesagt und 2013 ein Mundartwörterbuch mit CD herausgegeben. 2019 folgte der Bildband „Morsbach aus der Vogelperspektive“ mit 277 Luftaufnahmen aus neun Jahrzehnten. Auch Morsbachs Wahrzeichen, die Basilika, hat der Heimatverein immer gefördert, sei es durch die Mitfinanzierung einer neuen Fassadenbeleuchtung 1965 und 2013 oder durch einen Zuschuss für die neue Gertrudisorgel (2016).
Der Tradition folgend pflegte der Heimatverein in seiner bisherigen Geschichte Brauchtum und Kulturgut. Bei vielen Anlässen, sei es bei Feiern oder Jubiläen, wirkte der Verein mit und wurde so zu einem wichtigen Kulturträger innerhalb der Gemeinde Morsbach.
Besonders hervorzuheben ist die aktive Teilnahme des Heimatvereins an der 1100-Jahr-Feier (1995) und der 1111-Jahr-Feier (2006).
Sobald sich wieder die Gelegenheit ergibt, wird der Heimatverein auch erneut den „Müeschbejer Jongen“ oder das „Müeschbejer Määdchen“ verleihen, eine Auszeichnung für verdiente Morsbacher oder Morsbacherinnen. 2021 hat der Heimatverein zwei Stolpersteine im Gedenken an die jüdische Familie Levy gestiftet.
Von dem traditionellen „Müeschbejer Oowend“, dem klassischen Schubkarrenrennen oder einem „Flöötscherfest“, bei denen das 125-jährige Jubiläum hätte gefeiert werden können, hat der Heimatverein 2021 Corona bedingt abgesehen.
Dennoch hielt der Verein einen kulturellen Leckerbissen bereit. Am 8. Dezember 2021 hieß es in der Morsbacher Kulturstätte „Kölsche Weihnacht – Paveier und Gäste“. Mit dieser Veranstaltung ließ der Heimatverein Morsbach sein Jubiläumsjahr ausklingen.
Heinrich Halberstadt: Symbolfigur für bürgerliche Initiativen
Gerne erinnert der Heimatverein Morsbach an seinen rührigen Vorsitzenden Heinrich Halberstadt (*1875, +1944). Er gilt in Morsbach als Symbolfigur für bürgerliche Initiativen und Eigenleistungen. So war er maßgeblich am Bau des Kriegerdenkmals (1913-1919), am Bau der Badeanstalt (1927) und der Errichtung des alten Holzaussichtsturmes (1936) auf der Hohen Hardt beteiligt, ebenso 1928 am Bau der Hängebrücke über die Wisser.
Durch seine Initiative entstanden in den 1920er und 1930er Jahren Fuß- und Wanderwege rund um Morsbach, die Grotte im „Krankenhauswäldchen“, Schutzhütten, und es wurden zahlreiche Ruhebänke aufgestellt.
Halberstadt war von Beruf Polizeidiener, Gemeinderentmeister und in seiner Freizeit Vorsitzender des Heimatvereins, der damals noch „Gemeinnütziger Verein“ hieß. Als Brandmeister war er von 1907 bis 1928 maßgeblich am Aufbau des Feuerlöschwesens im Gemeindegebiet und an der Gründung der Feuerwehrkapelle Morsbach beteiligt.
Ehrenamtliche Mitarbeiter, die ihm halfen, entlohnte er stets wie folgt: „Ich habe für meine Arbeit nichts erhalten, dann erhältst du auch nichts!“.
Nach seinem Tod war in der Tageszeitung zu lesen: „Mit ihm verliert unsere Gemeinde einen Mann von seltenem Idealismus und größter Liebe für seine Heimat. Wo immer bisher seine Kraft notwendig war, aktiv und selbstlos für das Allgemeinwohl einzutreten, rief man nach Heinrich Halberstadt. Was er in die Hände nahm, zumeist entsprang es seiner eigenen Initiative, wurde durchgeführt, auch allen Hindernissen zum Trotz. In ihm kam seine tiefe Liebe für seine Heimat zur schönsten Entfaltung. Er war ein bescheidener Mensch, der in seinem Leben jedem lauten Danke Abhold war.“
Heinrich Halberstadt wurde als erstem Morsbacher die Ehre zuteil, dass nach ihm in den 1950er Jahren eine Straße benannt wurde. Am Heinrich-Halberstadt-Weg, gegenüber seinem ehemaligen Wohnhaus, wurde ihm 1994 auf einem steinernen Brückenpfeiler ein Denkmal errichtet. Die drehbare Kugel des Denkmals mit den Symbolen seiner Initiativen soll verdeutlichen, dass Halberstadt in Morsbach „etwas ins Rollen gebracht hat“.
(Stand: 30.06.2021) Christoph Buchen
Der Heimatverein Morsbach hat 1936 dazu beigetragen, dass ein erster hölzerner Aussichtsturm auf der Jähhardt errichtet wurde. 1945 sprengten ihn deutsche Soldaten. Archivfoto: Christoph Buchen
Geo-Infotafeln auf dem Aussichtsturm, vom Heimatverein 2013 initiiert, zeigen in alle Himmelsrichtungen und weisen die Entfernungen zu zahlreichen Städten auf. Foto: Christoph Buchen
Werner Schuh, Vorsitzender des Heimatvereins Morsbach, und Werner Puhl vom Gemeindekulturverband präsentierten 2019 die neuen Ortseingangstafeln. Foto: Christoph Buchen
Bekannt und beliebt ist auch das Flöötscherfest des Heimatvereins. Foto: Christoph Buchen
Ein großes Spektakel ist stets das vom Heimatverein ausgerichtete Schubkarrenrennen, bei dem es durch Wasser- und Schaumschikanen geht. Foto: Christoph Buchen
Die drehbare Kugel als Denkmal für Heinrich Halberstadt symbolisiert: Er hat etwas ins Rollen gebracht. Foto: Christoph Buchen
Der legendäre Vorsitzende des Heimatvereins, Heinrich Halberstadt, gilt in Morsbach als Vorbild für bürgerliche Initiativen. Archivfoto: Christoph Buchen