Werner Puhl ist neuer Müeschbejer Jong

Bruce Kapusta als Überraschungsgast

Wie ehrt man einen Mitbürger, wenn er selber Moderator einer Veranstaltung ist? Dem Heimatverein Morsbach ist es kürzlich gelungen, einen ahnungslosen Moderator auf dem Höhepunkt des Programms für seine ehrenamtlichen Verdienste auszuzeichnen. Doch der Reihe nach.

Im vollbesetzten Gertrudisheim ließ der Vorsitzende des Heimatvereins Morsbach Werner Schuh am 6. Oktober 2012 zu Beginn des Müeschbejer Oowends zunächst in einer Bildershow die Aktivitäten des Vereins der letzten zwei Jahre Revue passieren. Die Zuschauer sahen Fotos von den Aufführungen der Theatergruppe, von Wanderungen, Rockkonzerten, Flöötscherfesten und anderen Initiativen des Heimatvereins. Er hatte in der zurückliegenden Zeit wieder Alt und Jung einiges geboten und bekam von den Zuschauern dafür viel Applaus.

Als dann die putzige Kindergarde der Karnevalsgesellschaft Morsbach auf der Bühne ihre Tänze zum Besten gab, trat auch der Moderator des Abends Werner Puhl in Aktion und überreichte den Kleinen zum Dank je eine Tüte mit Süßigkeiten. Sportlich ging es dann mit der Taekwondo-Abteilung des SV Morsbach weiter. Abteilungsleiter Jörg Schroer demonstrierte mit seinen Sportlern einige Übungen dieser koreanischen Kampfsportart, wo bei beim sogenannten Bruchtest auch kleine Holzbretter mit kraftvollen Tritten halbiert wurden.

Für eine überraschende Programmänderung sorgte dann die Karnevalsgesellschaft Morsbach (KG). Sie hatte es fertig gebracht, den vom Funk und Fernsehen bekannten Trompeter Bruce Kapusta zwischen zwei Auftritten in Waldbröl und Köln für ein 20-minütiges Konzert in Morsbach beim Müeschbejer Oowend zu gewinnen. Der auch als „Clown mit der Trompete“ bekannte Musiker brachte sofort den Saal zum kochen. Zwar blies und sang er kölsche Ohrwürmer, sorgte aber auch mit sinnlichen Liedern für Gänsehaut-Feeling. Ohne Zugabe ließen die Morsbacher den Trompeter nicht in die Domstadt weiterreisen. Am 7. Dezember gibt es im Übrigen ein Wiedersehen und –hören mit Bruce Kapusta in der Morsbacher Basilika, wenn er dort ein Weihnachtskonzert „Kölsch-Klassik“ gestaltet.

Doch weiter beim Müeschbejer Oowend. In einer Talkrunde stellte Werner Schuh den deutsch-türkischen Verein „Vermoni“ vor. Vorsitzender Mustafa Ali Gözlükaya erläuterte, dass mit Himmet Bekrek 1969 der erste türkische Bürger nach Morsbach gekommen ist und weitere Mitbürger aus dessen türkischer Heimatgemeinde Nikfer ihm rasch folgten. Die heute noch in Morsbach lebenden türkischstämmigen Nikferaner haben den Verein „Vermoni“ gegründet. Der Name setzt sich aus den Anfangsbuchstaben von Verein, Morsbach und Nikfer zusammen. Da Mustafa Gözlükaya heute Zweigstellenleiter einer Sparkasse ist, stellte Werner Schuh zum Schluss des Gesprächs fest: „Du bist ein gelungenes Beispiel für Integration!“ Eine türkische Tanzgruppe aus Duisburg führte in farbenprächtigen Landestrachten schließlich noch mehrere Tänze auf.

Mit Tänzen zum Thema „Fire and Ice“ und den Miniwolpertingern unter der Trainerin Hiltrud Steckelbach ging das Programm dann auch gleich weiter. Ihnen schlossen sich Karl-Josef Eiteneuer, Andreas Schneider und Markus Ley, die Alphornbläser des Musikvereins Lichtenberg, mit unterhaltsamen Stücken an. Diana Müllers vom Damenelferrat Wendershagen zeigte in einem lustigen Vortrag auf, dass es, frei nach einer russischen Philosophie, im Leben immer zwei Möglichkeiten gibt.

Ein weiterer Höhepunkt des Abends war der Auftritt der Theatergruppe unter dem Fallschirm der „Langen Nacht der Republik“. Die Schauspieler hatten allerhand Neuigkeiten zu vermelden, so zum Beispiel, dass die nächste Bundesgartenschau in Alzen stattfindet und am Alzer Berg schon eine Mittelstation für die neue Seilbahn dorthin gebaut worden ist, und, dass Werner Puhl eine neue Kakteenart gezüchtet hat. Die neue „französische Kegelbahn“ im Kurpark (Boulebahn) wurde ebenso durch den Kakao gezogen, wie der Koboldbrunnen in der Kirchstraße, den der Knoorz jetzt als Wellness-Whirlpool anbietet. Auf die Frage, ob das neue Schild auf dem Kirchplatz in Morsbach mit der Überschrift „Baum-Weg“ bedeutet, dass die alten Linden dort bald gefällt werden und „weg“ kommen, stellte die Theatergruppe jedoch fest, dass dies, anders als in Holpe, nicht beabsichtigt ist und das Schild auf den neu eröffneten „Baumweg“ verweist.

Nach über vier Stunden Programm wurde dann endlich das Geheimnis, wer Müeschbejer Mädchen oder Jong wird, gelüftet. Die Karnevalsgesellschaft zog nochmal mit Prinz Thorsten I., Garden, Vorstand und Damenelferrat ein und stand im Hintergrund Spalier, als Werner Schuh einen verschlossenen Umschlag öffnete, in dem sich die Laudatio befand. Diese trugen nun Marlies Roth und Werner Schuh vor. Bei den ersten Sätzen deutete noch nichts auf das Geschlecht und den Namen der oder des Auserwählten hin. Doch als die langjährigen Aktivtäten im Karneval der „Republik“ und im Morsbacher Kulturleben zur Sprache kamen, war jedem im Saal rasch klar, dass nur einer den Ehrentitel „Müeschbejer Jong“ verbunden mit einer Puppe und Urkunde erhalten würde, Werner Puhl, der Moderator des Abends, dem der Vorstand des Heimatvereins wochenlang vorgegaukelt hatte, eine andere Person wäre auserkoren worden .

Der so überraschte Werner Puhl war, was selten vorkommt, nur kurze Zeit sprachlos, und sichtlich bewegt nahm er unter dem Applaus des ganzen Saales die Ehrung entgegen. Seine 91-jährige Mutter Angelika stand ihm zur Seite und freute sich wie sein Sohn Manuel darüber. Wortgewand bedankte sich Werner Puhl für die Auszeichnung, und es setzte sich zum Ende des gelungenen und kurzweiligen Müeschbejer Oowends eine ganze Schlange von Gratulanten aus dem Saal in Bewegung. (CB-7.10.12)

Nachfolgend der gesamte Wortlaut der Laudatio auf den neuen Müeschbejer Jongen Werner Puhl:

Laudatio aus Anlass der Verleihung des Müeschbejer Jongen an Werner Puhl am 6. Oktober 2012 im Gertrudisheim Morsbach

Werner Schuh:

Der Begriff „Ehrenamt“ ist derzeit in aller Munde. Der Heimatverein Morsbach hat schon lange erkannt, wie wichtig es für eine Gemeinschaft ist, Mitbürger für eine ehrenamtliche Tätigkeit zu begeistern. Der legendäre Vorsitzende Heinrich Halberstadt hat es uns in den 1920er und 1930er Jahren vorgemacht, als er zum Beispiel die Badeanstalt, die Hängebrücke oder den alten Aussichtsturm ins Leben rief – zusammen mit vielen anderen Morsbachern, die er mitzog.

Marlies Roth:

Seit einigen Jahren werden in verschiedenen Gemeinden des Oberbergischen Kreises „Ehrenamtler“ ausgezeichnet. Auch hier war der Heimatverein Morsbach wiederum Vorreiter und ehrt seit dem Jahr 2000 verdiente Mitbürger mit der Auszeichnung „Müeschbejer Mädchen“ oder „Müeschbejer Jong“.

Schuh:

Und heute Abend werden Sie sicher schon mit Spannung auf die nächste Ehrung warten. Nach Franz Solbach, Marlies Roth, Christoph Buchen, Monika Schneider, Herbert Stausberg und Ulrich Schnell ist es dieses Mal wieder ein Mann, der sich um das Gemeinwohl verdient gemacht hat. Doch machen wir es noch etwas spannend.

Roth:

Wir ehren heute einen Mann mit Doppelherz. Vielleicht schlagen aber auch drei Herzen in seiner Brust. Das eine Herz hat er schon sehr früh dem Karneval gewidmet. Das andere Herz gehört heute der Kulturarbeit in der Gemeinde Morsbach. Aber er hat auch ein Herz für die Frauen.

Vielleicht dämmert`s schon bei dem Einen oder Anderen im Saal?

Schuh:

Unser neuer „Müeschbejer Jong“ ist in der Wiege mit dem Karnevalsbazillus infiziert worden und hat in den ersten Lebenswochen im Dezember 1950 und Anfang 1951 bereits die Liebe zum Karneval mit der Muttermilch aufgesogen.  Denn seine Mutter Angelika, im Schatten des Kölner Doms aufgewachsen, war von 1950 bis 1975 Mitglied des Morsbacher Damenelferrates und ist heute noch die Grand Dame des hiesigen Karnevals.

Spätestens an dieser Stelle ahnen vielleicht schon einige hier im Saal, wer gemeint ist.

Roth:

Unser Werner Puhl hat über 30 Jahre das Volksfest Karneval in Morsbach mit geprägt. Um 1970 trat er der Funkengarde bei und wurde schnell deren Tanzoffizier. Bei der Gründung der heutigen Karnevalsgesellschaft vor 40 Jahren, am 11.11.1972, war Werner Puhl mit von der Partie, aber noch ein unbeschriebenes Blatt. Man vertraute dem Greenhorn immerhin damals schon den 2. Kassiererposten an, der ihn aber nicht befriedigte. Er strebte zu Höherem! 

Schuh:

Es sollte aber noch bis 1981 dauern, bis Werner Puhl sich die Sporen verdient hatte und so richtig durchstartete: Er wurde zum Karnevalsprinzen der „Republik“ Morsbach gekürt. Sein Motto lautete: „Wir feiern solange die Räder rollen!“. Weil seine Session so gelungen war, wählte man ihn im gleichen Jahr auch zum Präsidenten der Karnevalsgesellschaft Morsbach. Diesen Posten hatte er 22 Jahre inne. Unvergessen sind seine unzähligen wortgewandten Begrüßungen und Reden, sei es bei den Rathausstürmungen oder mit Prinzen und Garden auf den Bühnen. Bei ihm verfolgten immer „Zehntausende“ von Zuschauern den Rosenmontagszug, an dem damals, so Originalzitat Werner Puhl, „96 Wagen und 85 Fußgruppen“ teilnahmen. Auch bei den legendären „Doorfdeuweln“ mischte der bestattende Fernfahrer stets kräftig mit und war für jeden Scherz zu haben.

Roth:

Im Jahr 2003 verließ Werner Puhl zunächst die karnevalistische Bühne, dankte als Präsident ab und blieb aber den „Doorfdeuweln“ treu. Aber so ganz ohne Rampenlicht konnte Puhl nicht lange sein. Als er gefragt wurde, ob er den Pfarrkarneval auf dem Kirchenhügel moderieren würde, sagt er nicht nein. So führt der Thomas Gottschalk der Morsbacher seit 2005 durch das Programm des Pfarrkarnevals und tritt jedes Mal in einer anderen Kluft auf, so zum Beispiel mit Schottenrock, als Rähn-Willem, Kirchenschweizer und in diesem Jahr sogar als Weihbischof mit Mitra. Seit 14 Jahren moderiert Werner Puhl bereits das traditionelle Schubkarrenrennen und wurde dafür vom Heimatverein zum Ehrenkommentator ernannt. 

Schuh:

Das zweite Herz von Werner Puhl gehört der Kulturarbeit in der Gemeinde Morsbach. Im Frühjahr 2004 trat er die Nachfolge von Manfred Hammer im Amt des Vorsitzenden des Gemeindekulturverbandes an. War er bisher schon auf jedem Strauch-, Wald- und Wiesenfest anzutreffen, so nahm er fortan bei den Festen in der ersten Reihe neben dem Bürgermeister und den anderen Honoratioren Platz. Und das nicht ohne Grund. Hatte er doch stets ein „Flachgebinde“ dabei, das er dem jeweiligen veranstaltenden Verein überreichte und dabei mit einer kurzen Rede nur geringfügig die Veranstaltung um 15 bis 20 Minuten bereicherte.

Roth:

Ja, das kann er: „Schwätzen, wie ihm die Muul gewaasen es.“ Zusammen mit seinen Vorstandskollegen des Gemeindekulturverbandes hat Werner Puhl dem jährlichen Veranstaltungsreigen in Morsbach neue Strukturen gegeben, indem stets im Januar ein gedruckter Veranstaltungskalender im Flurschütz erscheint und zum Beispiel mit der Konzertreihe „Samstags in Morsbach“ neue Wege eingeschlagen wurden. Das Koordinieren und Abstimmen von Veranstaltungen, wie es der Gemeindekulturverband unter Werner Puhl immer wieder anstrebt, ist für die Vereine ganz wichtig, gerade jetzt, wo die neue Kulturstätte fertig gestellt worden ist.

Schuh:

Somit hätten zwei Herzen in der Brust von Werner Puhl ihre Rechtfertigung gefunden, wenn da nicht noch ein drittes Herz irgendwo in seinem Körper schlagen würde, das Herz eines wahren Frauenverstehers. Nur noch selten findet man Mitmenschen, die so gefühlvoll mit dem weiblichen Geschlecht umgehen können, wie er.

Da Du, lieber Werner, wie wir wissen auch Austeilen kannst, musst Du Dir auch ein paar Worte gefallen lassen. Du als „Bel Ami der Republik“ (an dieser Stelle muss ich das Fremdwort für alle, die kein Französisch kennen, übersetzen, „Bel Ami“ heißt auf Deutsch: „gut aussehender Freund“), also: Du als „Bel Ami der Republik“ und Hans-Dampf-in-allen-Gassen verstehst es schon beim Betreten eines Saales oder Lokales mit einem kurzen Rundblick den Personenkreis derart zu scannen, dass Du Dich zielstrebig auf das äußerst attraktive Objekt Deiner Begierde zu bewegen und Dich mit einem betörenden Satz „Maria, Du siehst aber heute gut aus!“ die Sympathie der so Gelobten zuziehen kannst. Du könntest glatt beim nächsten Pfarrkarneval als Heinz Rühmann auftreten und singen: „Ich brech` die Herzen der stolzesten Fraun`n“!

Roth:

Lieber Werner! Wir denken, dass Du die heutige Auszeichnung schon vor einigen Jahren erwartet hast. Aber wir haben Dich noch schmoren lassen. Du hast die Auszeichnung schon alleine für Dein manchmal bestimmt auch unfreiwilliges Entertainment in der „Republik“ Morsbach verdient. Ohne Deine Galoppsprünge und Deine linguistischen Redeattacken hätten wir weit weniger zu staunen und zu lachen gehabt.

Schuh:

Dein Einsatz, lieber Namensvetter Werner, für das Volksfest Karneval, für die Kulturarbeit und das Vereinsleben in der Gemeinde Morsbach und somit auch für das Zusammenleben und vor allem das Zusammenfeiern der Mitmenschen war und ist enorm. Jede Gemeinde kann sich glücklich schätzen, Menschen wie Dich in ihren Reihen zu wissen.

Oft hast Du im Rampenlicht gestanden und jetzt stehst Du wieder im Mittelpunkt des heutigen Abends, und wir dürfen Dich bitten, herauf auf die Bühne zu kommen, um die Auszeichnung entgegen zu nehmen.

Wir überreichen Dir hiermit den „Müeschbejer Jongen 2012“ und die dazu gehörige Urkunde.

Herzlichen Glückwunsch!

Text: Christoph Buchen, vorgetragen von Marlies Roth und Werner Schuh